Verfasst von Dr. Peter J. Hoppen
Jahrestagung der DGRI, München, 10.-12.11.2011
Die diesjährige Jahrestagung beschäftigte sich unter dem Motto „Schutz der Offenheit – Schutz vor Offenheit” mit Themen rund um die Frage, wie offen Informations- und Kommunikationsprozesse sein sollten und wo Offenheit an ihre Grenzen stößt.
Die Jahrestagung begann mit dem traditionellen Begrüßungsabend am Donnerstag im Tagungshotel. Am Freitag führte Marina Weisband, die damalige politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, auf lebendige und unkonventionelle, die Diskussion bereichernde Art in das Thema ein. Sie trug vor, wie Offenheit als politischer Auftrag und gleichzeitig zwischenmenschliche Herausforderung von der jungen Partei gesehen und erlebt wird. Der Beitrag findet sich in diesem Jahrbuch im Wortlaut. Anschließend stellte Prof. Dr. Walter Brenner, Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen, 10 Thesen auf, wie sich Offenheit im Internet zukünftig im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen – Stichwort Netzneutralität – entwickeln kann. Dr. Wolfgang Schulz, Hans-Bredow-Institut, Universität Hamburg, bereicherte die Eröffnungssitzung mit einem Bericht zur Entwicklung des Themas im politischen Diskurs in Form der aktuellen Positionen der Enquete-Kommission zu Open Data, Open Access und Open Source. Prof. Dr. Andreas Stascheit, KWI, Ruhr-Universität Essen, gab den Einstieg in die Betrachtung praktischer Fragen, die immer wieder auf den Datenschutz hinauslaufen, und stellte Methoden der Risikoanalyse vor dem Hintergrund des § 42a BDSG vor.
Am Nachmittag beschäftigten sich zwei parallele Themenblöcke mit praktischen Fragen des Umgangs mit Offenheit in konkreten IT-Projekten. Prof. Dr.-Ing. Stefan Jähnichen, Präsident der Gesellschaft für Informatik, und RA Dr. Christian Frank beschäftigten sich mit der hochaktuellen Frage, wie Projektabläufe offen gestaltet und trotzdem beherrschbar gehalten werden können. Im parallel laufenden Themenblock wurde die Frage behandelt, welche komplexen Auswertungen mit den heutigen technischen Systemen möglich sind – Stichwort Business Intelligence. Prof. Dr. Benedikt Buchner von der Universität Bremen gab in Form von sieben Thesen Anregungen, wie die Eigentumsrechte an persönlichen Daten im Kontext der auch für den betroffenen Einzelnen verlockenden Möglichkeiten einzuordnen und zu entwickeln sind.
Am Samstag beschäftigten sich Vorträge von RA Sven-Erik Heun und RA Sascha Kremer mit Fragen der Vertragsgestaltung und analysierten, wie offen bzw. abgeschottet Teilmärkte dadurch werden. Die Tagung wurde abgeschlossen durch ein von RA Prof. Dr. Peter Bräutigam vorgetragenes Plädoyer für eine Modernisierung des Datenschutzrechts auf der Grundlage eines zeitgemäßen Rahmenkonzepts. Hierzu wurden unter der Moderation von Dr. Eugen Ehmann 10 Thesen vorgestellt, die von verschiedenen Mitgliedern der DGRI, darunter RA Prof. Dr. Jochen Schneider, RA Bernd H. Harder und RA Prof. Dr. Peter Bräutigam entwickelt wurden.
Das Interesse an der Veranstaltung war auch in 2011 mit über 120 Teilnehmern wieder sehr hoch. Die zur besseren Abstimmung mit den Terminen der DSRI-Herbstakademie erfolgte Verlegung der Tagung vom Oktober in den November hat damit eine gute Aussicht, sich im jährlichen Terminkalender fest zu etablieren. Für die perfekte Tagungsorganisation, bei der die DGRI durch zahlreiche Münchner Sozietäten unterstützt wurde und die durch einen feierlichen Empfang und ein festliches Abendessen in der Pinakothek der Moderne abgerundet wurde, ist allen Beteiligten besonderer Dank auszusprechen. Viele Vorträge wurden im Nachgang weiter ausgearbeitet und finden sich in diesem Jahrbuch als wissenschaftliche Beiträge. Hierfür sei den Autoren ganz herzlich gedankt.
Im Rahmen der Jahrestagung fand am frühen Abend des 11.11.2011 die jährliche Mitgliederversammlung der DGRI statt.
Weitere Veranstaltungen der DGRI in 2011
18. Drei-Länder-Treffen, Wien 16.-18.6.2011
Das nunmehr bereits 18. Drei-Länder-Treffen 2011 fand in Zusammenarbeit mit Infolaw aus Wien (Forschungsverein für Informationsrecht und Immaterialgüterrecht) in eleganter Atmosphäre im Hotel Imperial im Zentrum von Wien statt und wurde informell bei einem gemeinsamen Abend beim „Heurigen” eingeleitet. Das auf der vorjährigen Jahrestagung in Straßburg identifizierte Thema, inwieweit Parametrisierungen, Software-Komponenten-Entwicklungen und ähnliche Arbeitsergebnisse, die nicht mehr als Programmierung bezeichnet werden können, urheberrechtlichen Schutz genießen können, wurde aus technischer und juristischer Sicht analysiert. Neben den für die DGRI-Drei-Länder-Treffen typischen aktuellen ländervergleichenden Berichten zur Entwicklung der Rechtsprechung in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland wurde am zweiten Tag des Treffens rechtsvergleichend herausgearbeitet, wie Sicherungsrechte an Softwareprodukten in den DACH-Ländern juristisch gehandhabt werden. Die Beiträge finden sich in diesem Tagungsband. Daneben wurden als weiteres Thema Best-Practice-Ansätze in der IT-Governance behandelt.
12. Herbstakademie, Lüneburg, 7.-12.9.2011
Die jährlich unter der Federführung der DSRI veranstaltete Herbstakademie fand bei reger Beteiligung von 180 Teilnehmern unter dem Motto „Die Welt im Netz – Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft” an der Leuphana Universität in Lüneburg statt. Traditionell gab es eine Vielzahl an Vorträgen rund um das IT-Recht, hier mit Schwerpunkt Datenschutzrecht. Die mit der Herbstakademie verfolgte Nachwuchsförderung ist als sehr erfolgreich anzusehen.
III. Aktivitäten der Fachausschüsse in 2011
Die Arbeiten der Fachausschüsse erweiterten sich im Berichtsjahr nochmals deutlich durch die Beteiligung der DGRI an Konsultationen und Erarbeitung von Stellungnahmen zu verschiedenen nationalen und europäischen Gesetzesvorhaben. Die Stellungnahmen wurden dabei zunehmend nicht mehr im Rahmen von Präsenzveranstaltungen, sondern auf Basis virtueller Zusammenarbeit erstellt.
Den Berichten der Fachausschüsse und den erarbeiteten Stellungnahmen wurde in diesem Jahrbuch ein größerer Platz als bisher eingeräumt. Dadurch soll die Rolle der Fachausschüsse als wichtige und aktive Organe der DGRI in der Begleitung der Rechtsentwicklung herausgestellt werden.
Hier seien die Sitzungen der Fachausschüsse nur knapp aufgelistet.
21.1.2011: Treffen der Firmenjuristen zu den Themen „Half Life 2 – Neues vom BGH zur Erschöpfung und Online-Vertriebsmodellen”, „Performance-Management in der Rechtsabteilung”, „Unternehmensjuristen in der Rechtsanwaltsversorgung” und „Durchsuchung von Geschäftsräumen durch Ermittlungsbehörden” bei der Allianz AMOS in Unterföhring bei München
6.5.2011: Sitzung des Fachausschusses Vertragsrecht zu den Themen „Softwarevertrieb und Kartellrecht – welche GVO gilt?” und „Verantwortlichkeiten des Anbieters bei unzureichender oder fehlender Installationsanleitung oder Benutzerdokumentation nach aktueller Rechtslage” bei Waldeck Rechtsanwälte in Frankfurt a. M.
17.6.2011: Treffen der Firmenjuristen zum Thema „Ticket Systems – Organisation der Bearbeitung von Anfragen der Rechtsabteilung” bei der DekaBank in Frankfurt a. M.
25.11.2011: Sitzung des Fachausschusses Vertragsrecht zum Thema „Open Source total: Technik – Recht – Praxis” bei Jones Day in München Im Einzelnen wird auf die Berichte ab S. 277 verwiesen.
IV. Stellungnahmen der DGRI
In den Fachausschüssen bzw. unter deren maßgeblicher Beteiligung wurden die folgenden Stellungnahmen erarbeitet:
14.1.2011: Stellungnahme der DGRI zur Online-Konsultation „Gesamtkonzept für den Datenschutz der Europäischen Union”
26.1.2011: Stellungnahme der DGRI zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachung (VkBmG-E)
14.4.2011: Stellungnahme der DGRI zum Grünbuch über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (KOM (2011) 15/4)
29.4.2011: Stellungnahme der DGRI zum Entwurf einer zentralen Testamentsregister-Verordnung
21.12.2011: Stellungnahme der DGRI zum Entwurf einer EU-Datenschutz-Verordnung
Die Stellungnahmen sind in diesem Jahrbuch abgedruckt und sind auch auf der Website der DGRI (www.dgri.de unter „Stellungnahmen”) abrufbar.
V. Arbeit der Schlichtungsstelle
Zudem wurde im Jahr 2011 ein einheitlicher Schlichter-Fragebogen erarbeitet und eine Schlichterdatenbank aufgebaut, in der alle Schlichter systematisch verzeichnet sind. Die Mitglieder sind aufgefordert, sich bei Interesse eintragen zu lassen.
VI. DGRI/CR-Seminare
7.4.2011: „Vergabe von IT-Projekten aus Anbietersicht”, Bewältigung öffentlicher Ausschreibungen unter Berücksichtigung der VOL/A und EVB-IT, RAe Norman Müller und Markus Schmidt, Köln
19.5.2011: „Softwareverträge heute und morgen”, Projekt-, Nutzungs- und Vergütungsmodelle, RAe Michael Intveen und Prof. Dr. Jochen Schneider, München
20.5.2011: „Internetrecht aktuell”, RA Niko Härting, Köln
5.7.2011: „IT in Unternehmen”, Anforderungen bei Softwarebeschaffung, Open Source, Cloud und Leasing, RAe Klaus M. Brisch und Dr. Philip Laue, Köln
18.10.2011: „Rechtliche Anforderungen an soziale Netze”, RA M. Karger und RA Dr. T. Stögmüller, München
25.11.2011: „Verträge zur Lieferung/Überlassung, Anpassung, Erstellung und Pflege von Software”, RA M. Intveen, Köln
VII. Preise und Auszeichnungen
Der DSRI-Wissenschaftspreis 2011 wurde an Dr. Johanna Kujath für ihre Dissertation zum Thema „Der Laienjournalismus im Internet als Teil der Medienöffentlichkeit im Strafverfahren – Neue Herausforderungen durch die Entwicklung des Web 2.0” an der juristischen Fakultät der Humboldt Universität zu Berlin vergeben.
Den DSRI-Absolventenpreis 2011 erhielt Hanno Baur für seine Studienarbeit zum Thema „Beweiskraft informationstechnologischer Expertise” an der Technischen Universität Darmstadt.
Beide Preise wurden – mittlerweile traditionell – bei dem festlichen Diner der Jahrestagung in der Pinakothek der Moderne von Prof. Dr. Alfred Büllesbach, dem Vorsitzenden des Stiftungsrates der DSRI, verliehen. Zusammenfassungen beider Arbeiten aus der Feder der Preisträger finden sich in diesem Jahrbuch.
VIII. Sonstige Aktivitäten
Die DGRI betreibt auch eine XING-Gruppe mit über 100 eingetragenen Mitgliedern. Soziale Netzwerke wie XING sollen verstärkt genutzt werden, um auch Nicht-Mitglieder zu erreichen.
IX. Vorschau auf 2012
Die 13. Herbstakademie der DSRI wird am 12.-15.9.2012 in der historischen Statthalle in Wuppertal in Kooperation mit dem Zentrum für interdisziplinäre Sprachforschung der Bergischen Universität Wuppertal stattfinden. Thema ist „IT und Internet – mit Recht gestalten”. Wie gewohnt werden in den Sessions aktuelle Entwicklungen des Informationstechnologierechts behandelt und insbesondere anhand von Case Studies vertieft.
Am 20.-22.6.2012 findet in München die IFCLA Conference 2012 statt, an der sich die DGRI als nationaler Gastgeber ideell und auch finanziell fördernd beteiligen wird.
Die Jahrestagung 2012 wird am 15.-17.11.2012 in Hamburg stattfinden. Dabei wird im äußeren Ablauf und den Strukturen (Begrüßungsabend, große Themenblöcke, Workshops) an dem bewährten Konzept festgehalten. Unter dem Stichwort „Grenzüberschreitungen” sollen schwerpunktmäßig europäische Einflüsse im IT-Recht betrachtet werden. Auch hier wird das Thema Datenschutz wieder einen umfassenden Raum einnehmen, ergänzt um praktische Berichte zur Vertragspraxis und zu den technischen Hintergründen. In mehreren Beiträgen sollen auch die Themen Open Innovation, Open Data und die Insolvenz des Software-Lizenzgebers betrachtet werden.
X. Wissenswertes aus der DGRI
1. Mitgliederentwicklung
Per 11.11.2011 betrug die Mitgliederzahl 850 Einzelmitglieder und 49 Firmenmitglieder. Tendenziell werden Großkanzleien Firmenmitglieder, die Zahl der Einzelmitgliedschaften drückt dadurch nicht die Menge der tatsächlich in der DGRI vertretenen Mitglieder und interessierten Einzelpersonen aus.
2. Vorstand
Prof. Dr. Andreas Wiebe ist auf der Mitgliederversammlung am 11.11.2011 nach zwölfjähriger Vorstandstätigkeit mit großen Verdiensten und unter allseitigen Dankesbekundungen aus dem Vorstand ausgeschieden. An seine Stelle trat Prof. Dr. Axel Metzger, Gottfried Wilhelm Leibnitz Universität Hannover.
Der Vorstand besteht seitdem aus dem Vorsitzenden Dr. Anselm Brandi-Dohrn, den stellvertretenden Vorsitzenden Prof. Dr. Dirk Heckmann und Dr. Helmut Redeker sowie den weiteren Vorstandsmitgliedern Prof. Dr. Peter Bräutigam, Dr. Robert G. Briner, Dr. Axel Funk, Prof. Dr. Axel Metzger, LL.M., Dr. Peter Hoppen und Jörg Wimmers.
3. Beirat
Der Beirat hat sich am 6.5.2011 zu seiner jährlichen Sitzung in Frankfurt/Main getroffen. Der Beirat überwacht und begleitet die Arbeit des Vorstandes. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Michael Bartsch, hat auf der Mitgliederversammlung die Zufriedenheit des Beirats mit der Arbeit der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht. Insbesondere wurden die vom Vorstand verfolgte Linie der Jugendförderung und die große Anzahl von Stellungnahmen zu deutschen und europäischen Gesetzesvorhaben begrüßt.
Mit der Mitgliederversammlung am 11.11.2011 schieden Prof. Dr. Michael Bartsch und Prof. Dr. Alfred Büllesbach aus dem Beirat aus, beide Urgesteine der DGRI. Michael Bartsch war Mitinitiator der DGRI und deren Vorläufer-Gesellschaften und hat die Geschicke der DGRI 25 Jahre in verschiedenen Funktionen begleitet und gestaltet. Hier sei auf den Beitrag von Heymann „Immer im Dienste des IT-Rechts – ein Portrait zum 65. Geburtstag von Michael Bartsch” auf S. 219 in diesem Jahrbuch verwiesen. Auch Alfred Büllesbach hat lange Jahre als Vorsitzender und später als Beirat in der DGRI und in ihren Vorgängergesellschaften sehr aktiv mitgearbeitet. Der Dank für ihre langjährige erfolgreiche und kompetente Tätigkeit kann nicht oft genug ausgesprochen werden.
Als neue Mitglieder wurden satzungsgemäß gewählt bzw. vom Vorstand bestimmt: Prof. Dr. Christian Berger, Universität Leipzig, Prof. Dr. Joachim Bornkamm, Vors. Richter am BGH, Dr. Hellmuth Broda, Basel, Prof. Dr. Claudia Eckert, Technische Universität München, Prof. Dr. Gerhard Satzger, KIT Karlsruhe, Prof. Dr. Indra Spiecker genannt Döhmann, LL.M., KIT Karlsruhe, sowie Martin Schallbruch, IT-Direktor Bundesministerium des Inneren, Berlin, und Detlef Ulmer, Göttingen. Daneben gehören dem Beirat noch Dr. Julia Beck, Dr. Otto Schmidt Verlag, Köln, und der Beiratsvorsitzende Dr. Matthias Scholz, LL.M., Baker & McKenzie, Frankfurt a. M., an.
4. Geschäftsstelle
Die Geschäftsstelle wird von RA Prof. Dr. Rupert Vogel in Karlsruhe betrieben und ist zum 1.7.2011 an ihren neuen Standort im Technologiepark Karlsruhe, Emmy-Noether-Straße 17, Karlsruhe, gezogen. Außergewöhnliche Aktivitäten waren in 2011 die Neugestaltung der Internet-Präsenz und die Neuorganisation der Prozesse in der Geschäftsstelle. Dazu gehörte die Aufbereitung und Überführung von Datenbeständen in strukturierte Datenbanken. Seit Herbst 2011 hat die Geschäftsstelle auch die Pflege der Homepage übernommen.